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Rechtsanwälte
Baehr, Wübbeke & Partner

Ronny Neumann
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kanzlei Chemnitz
Schloßberg 2
09113 Chemnitz
Tel.  0371 33493290
Fax: 0371 33493291

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Ratgeber Arbeitsrecht

Mit dem neuen Ratgeber Arbeitsrecht werden Gastbeiträge von Fachanwälten veröffentlicht, die Ihnen helfen sollen, ein besseres Verständnis für rechtliche Grundlagen zu entwickeln.

 

Mindestlohn
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on Ronny Neumann, Fachanwalt für Arbeitsrecht am 21.01.2017

Das Mindestlohngesetz (MiLoG) verpflichtet den Arbeitgeber zur Zahlung eines Mindestlohnes an in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer.

1. Anwendungsbereich

Arbeitnehmerbegriff: Anspruch auf Mindestlohn haben nur Arbeitnehmer. Es ist der allgemeine arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zu Grunde zu legen. Dieser Arbeitnehmerbegriff umfasst alle Beschäftigten, die auf Grund eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses im Dienst eines anderen zur Arbeit verpflichtet sind. Die Einordnung erfolgt aber nicht auf Grundlage der im Vertrag niedergelegten Bezeichnung. Es ist auf die tatsächlichen Umstände abzustellen.

Das Mindestlohngesetz umfasst daher auch die sogenannten Scheinselbstständigen. Die Scheinselbstständigen sind vertraglich als Selbstständige beschäftigt, nach der konkreten Ausübung der vertraglichen Beziehung sind sie aber auf Grund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit oder Weisungsgebundenheit tatsächlich Arbeitnehmer.

Praktikanten: Der Praktikant wird zum Zwecke des Erwerbs beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen eingestellt, ohne in einer systematischen Berufsausbildung zu stehen. Das MiLoG verpflichtet auch zur Zahlung des Mindestlohnes an Praktikanten, es sei denn, ein Ausnahmefall ist geregelt. Das gilt insbesondere für

  • Pflichtpraktikanten im Rahmen der Ausbildung
  • Praktika zur Orientierung für die Dauer bis zu 3 Monate vor der Ausbildung
  • Ausbildungsbegleitende Praktika für die Dauer bis zu 3 Monate
  • Einstiegsqualifizierung nach § 44 a SGB III oder Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 ff. BBiG.

Für Arbeitgeber ist die sogenannte Nachweispflicht zu beachten. Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, aber spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit die wesentlichen Praktikumsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Praktikanten auszuhändigen.

Auszubildende und ehrenamtlich Tätige: Auszubildende sind keine Arbeitnehmer. Sie fallen nicht unter den Anwendungsbereich. Ehrenamtlich Tätige sind auch keine Arbeitnehmer, der ehrenamtlich Tätige engagiert sich uneigennützig ohne Arbeit zu leisten.

Jugendliche und Langzeitarbeitslose: Das MiLoG gilt nicht für Personen unter 18 Jahren (Jugendliche) soweit sie keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Langzeitarbeitslose können geringer bezahlt werden, allerdings nur für die ersten 6 Monate.

2. Was bedeutet Mindestlohn?

  • Das Mindestlohngesetz (MiLoG) führt eine konkrete Vergütungshöhe als Mindestarbeitsbedingung ein. Es sind 8,84 € brutto je Zeitstunde zu zahlen.
  • Es handelt sich um eine Bruttovergütung. Die Bruttovergütung bezeichnet das Arbeitsentgelt vor den gesetzlichen Abzügen (Steuern und Sozialabgaben – Arbeitnehmeranteil).
  • Bei einer geringfügig entlohnten Beschäftigung hat der Arbeitnehmer im Rahmen der Pauschalierung der Lohnsteuer und des Verzichts auf die Rentenversicherungspflicht keinerlei Abzüge. Die Steuern und Beitragslast trägt ausschließlich der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann die von ihm geschuldete Lohnsteuer und pauschalierten Beiträge zur Sozialversicherung nicht auf den Mindestlohn anrechnen.
  • Die Zahlung muss spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats geleistet werden, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.

3. Was ist ein Arbeitszeitkonto?

Ein Arbeitszeitkonto ist eine Aufzeichnung, in dem die tatsächlich geleistete Arbeit unter Berücksichtigung der Minusstunden/Fehlstunden sowie Mehrstunden/Überstunden niedergelegt wird, soweit diese nicht in dem Monat durch Zahlung vergütet wird. Das MiLoG verlangt die Vergütung der tatsächlich erbrachten Arbeit, spätestens im Folgemonat. Die Vergütung ist nur ausnahmsweise dann nicht zu zahlen, wenn die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit, die nicht vergütet wird, auf einem Arbeitszeitkonto niedergelegt wird. Nur mit einem Arbeitszeitkonto kann die Zahlung des Mindestlohnes für die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit in einem Monat vermieden werden.

Für das Arbeitszeitkonto gelten besondere Regeln, insbesondere:

  1. Das Arbeitszeitkonto muss schriftlich vereinbart werden.
  2. Auf das Arbeitszeitkonto dürfen maximal 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit als Überstunden eingetragen werden.
  3. Die in einem Kalendermonat eingetragenen Überstunden müssen spätestens in einem Zeitraum von 12 Monaten nach monatlicher Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohnes ausgeglichen werden, es sei denn, das Arbeitsverhältnis wird vorher beendet. Es ist dann in dem Monat nach der Beendigung spätestens durch Zahlung auszugleichen.

4. Kann ich den Mindestlohn umgehen oder ausschließen?

  • Das MiLoG gilt zwingend. Vereinbarungen, die den Mindestlohn unterschreiten oder den Anspruch beschränken oder ausschließen, sind unwirksam. Ein Verzicht auf den Mindestlohn ist nur im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs möglich. Ein Verzicht ist ansonsten ausgeschlossen und unwirksam. Die Verwirkung des Anspruches ist ausgeschlossen. Ansprüche aus dem MiLoG unterliegen nicht den Verfall- oder Ausschlussfristen.

5. Was bedeutet Vergütung pro Zeitstunde?

  • Der Mindestlohn ist für jede Zeitstunde zu zahlen. Jede Stunde der tatsächlich erbrachten Arbeit ist zu vergüten. Das gilt auch bei Schlechtarbeit. Es kommt nicht auf die Qualität der Arbeitsleistung an. Der Arbeitgeber kann die Vergütung nicht mindern, auch wenn der Arbeitnehmer keinen Arbeitserfolg erzielt oder schlechter arbeitet als andere Arbeitnehmer.
  • Die Vereinbarung von Stücklohn und Akkordlohn bleibt zulässig. Es muss aber gewährleistet werden, dass trotzdem der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird. Werden also die Vorgaben des Arbeitgebers nicht erfüllt, ist dennoch der Mindestlohn zu zahlen.
  • Die Vereinbarung von Gehalt bleibt zulässig. Die Prüfung, ob der Mindestlohn erreicht wird, ist anhand der erbrachten Arbeitsstunden im Monat zu berechnen. Reicht das Gehalt für den Mindestlohn nicht, so muss der Arbeitgeber die Vergütung aufstocken oder die nicht vergüteten Stunden auf ein Arbeitszeitkonto niederlegen.

6. Was wird auf den Mindestlohn angerechnet?

  • Die Berechnung des Mindestlohnes erfolgt unter Einbeziehung aller unwiderruflich erbrachten Zahlungen des Arbeitgebers.
  • Es werden aber keine Zahlungen auf den Mindestlohn zugerechnet, welche für besondere Anstrengungen geleistet werden. Das gilt insbesondere für Zuschläge, die überobligatorische Leistungen vergüten soll, so unter anderem Überstundenzuschläge, Zuschläge für Sonn- und Feiertagstätigkeit. Das gilt aber eben auch für Prämien, die für eine besondere Leistung gezahlt werden.
  • Eine Anrechnung ist zudem ausgeschlossen, soweit reiner Aufwendungsersatz gezahlt wird. Spesen und Verpflegungsmehraufwendungen sind ein Ausgleich für erhöhte Kosten bei auswärtiger Tätigkeit. Diese sind nicht anzurechnen.
  • Sonderleistungen oder Gratifikationen können angerechnet werden. Die Anrechnung erfolgt allerdings nur in dem Monat der Zahlung und dem Vormonat. Eine Anrechnung auf das gesamte Jahr ist nur dann möglich, wenn die Zahlung auch über das gesamte Jahr verteilt unwiderruflich geleistet wird.

7. Was passiert mit dem bisherigen Arbeitsvertrag?

Der bisherige Arbeitsvertrag bleibt wirksam. Der Arbeitgeber hat den bisherigen Arbeitsvertrag einzuhalten. Er hat zudem das Mindestlohngesetz einzuhalten. Beide Grundlagen stehen unabhängig nebeneinander und müssen getrennt geprüft werden.

8. Wer prüft den Mindestlohn?

  • Die Einhaltung des Mindestlohnes ist zunächst von jedem selbst zu prüfen. Es kann auf Einhaltung des Mindestlohnes geklagt werden.
  • Die Prüfung des Mindestlohnes obliegt offensichtlich dem Zoll. Der Zoll stellt Gesetzesverstöße fest und bringt sie zur Anzeige. Er kann Bußgelder bei Verstoß gegen das Mindestlohngesetz verhängen.

9. Was darf der Zoll?

  • Der Zoll darf die Geschäftsräume betreten. Der Zoll darf weiter die in den Geschäftsräumen befindlichen Personen befragen. Es ist dem Zoll weiter befugt, Einsicht in die geschäftlichen Unterlagen zu nehmen, die Auskunft über die Einhaltung des Mindestlohnes geben.
  • Der Zoll darf ohne besondere richterliche Verfügung nicht durchsuchen.

10. Wer muss Arbeitszeitaufzeichnungen führen?

Die Arbeitszeitaufzeichnungen betreffen nicht alle Arbeitgeber. Die Pflicht zur Aufzeichnung trifft zunächst alle geringfügig Beschäftigten/kurzfristig Beschäftigten. Für weitere Arbeitnehmer muss die Arbeitszeit nur aufgezeichnet werden, wenn sie in bestimmten Wirtschaftsbereichen die in § 2 a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz niedergelegt sind, ausgeführt sind. Das betrifft unter anderem folgende Wirtschaftsbereiche:

  • Baugewerbe
  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
  • Personenbeförderungsgewerbe
  • Speditions-, Transport- und damit verbundenes Logistikgewerbe
  • Schaustellergewerbe
  • Unternehmen der Forstwirtschaft, Gebäudereinigungsgewerbe
  • Unternehmen, die sich am Aufbau und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen und
  • Fleischwirtschaft.

11. Wer hat die Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen?

Die Arbeitszeitaufzeichnungen hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu führen. Der Arbeitgeber ist aber berechtigt, die Arbeitszeitaufzeichnungen dem Arbeitnehmer zu übertragen. Er kann den Arbeitnehmer verpflichten, die Arbeitszeitaufzeichnungen selbst zu führen.

12. Wie wird die Arbeitszeitaufzeichnung geführt?

  • Die Verpflichtung beinhaltet die Aufzeichnung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit. Die Arbeitszeit kann handschriftlich geführt werden. Der Arbeitgeber ist aber auch berechtigt, technische Geräte für die Aufzeichnung zu verwenden, so unter anderem Zeiterfassungssysteme in der Firma oder GPS-Systeme bei Fahrern.
  • Die Aufzeichnung muss spätestens zum Ablauf des 7. Tages nach der Arbeitsleistung erfolgen und beim Arbeitgeber aufbewahrt werden.
  • Die Aufbewahrung muss mindestens 2 Jahre erfolgen.
  • Daneben müssen für die Dauer von 2 Jahren auch die erforderlichen Dokumente für die Zahlung des Mindestlohnes aufbewahrt werden, u. a. Aufzeichnungen über das Arbeitszeitkonto und Gehaltsaufzeichnungen.

13. Welche Auswirkungen gibt es für Tarifverträge?

  • Das MiLoG enthält den Grundsatz, dass Tarifverträge keine Ausnahme vom Mindestlohn vorsehen können. Die Vereinbarung einer niedrigeren Vergütung in diesen Tarifverträgen, als den Mindestlohn, ist unwirksam.
  • Es gilt lediglich für wenige Branchen eine Ausnahmeregelung, in denen ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag gilt. Ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag ist ein Tarifvertrag, der für alle Arbeitnehmer anzuwenden ist, die in den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen. Diese Arbeitnehmer können auf Grundlage des allgemein verbindlichen Tarifvertrages die in den Tarifvertrag geregelten Bedingungen für sich in Anspruch nehmen, auch wenn sie nicht Mitglied der Gewerkschaft sind.

Die abweichende Regelung mit Unterschreitung der Vergütung gilt bis zum 31.12.2017.

 

Die Information zum Mindestlohn finden Sie hier als PDF- Download.