Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Rechtsanwälte
Baehr, Wübbeke & Partner

Ronny Neumann
Fachanwalt für Arbeitsrecht


Kanzlei Chemnitz
Schloßberg 2
09113 Chemnitz
Tel.  0371 33493290
Fax: 0371 33493291

 

 

 

Entwendung belegter Brötchen – Fristlose Kündigung
von Ronny Neumann, Fachanwalt für Arbeitsrecht am 11.09.2015

Das Arbeitsgericht Hamburg hatte einen Fall zu entscheiden, in dem eine Krankenschwester 8 belegte Brötchen entwendet hatte und vom Arbeitgeber gekündigt wurde. Die Entwendung der belegten Brötchen war nachgewiesen. Die Besonderheit lag jedoch darin, dass die Krankenschwester bereits seit über 20 Jahren beschäftigt war und das Krankenhaus belegte Brötchen für externe Rettungssanitäter bereitgehalten hat. Die Krankenschwester entnahm nun 8 belegte Brötchen und aß davon eines und verteilte den Rest unter ihren Kolleginnen.

Die weitere Besonderheit lag darin, dass der Vertragsverstoß nicht heimlich begangen wurde, sondern offen bekannt war. Die Arbeitnehmerin hatte zudem nach eigener Aussage nur das Wohlergehen ihrer Kolleginnen im Blick, insbesondere wollte sie die Einsatzbereitschaft ihrer Schicht aufrechterhalten.

Sie hat zudem das Fehlverhalten offen zugegeben und nicht verheimlicht.

Nachdem sie darauf hingewiesen wurde, hat sie Unrechtsbewusstsein und Reue gezeigt. Der Arbeitgeber hat dennoch die fristlose Kündigung ausgesprochen.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat die fristlose Kündigung beanstandet. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Hamburg liegt zwar ein Fehlverhalten vor, welches eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen kann. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ist gerechtfertigt, wenn ein Mitarbeiter in schwerwiegender Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt und das zu Lasten des Arbeitgebers ausfällt.

So ist in der Vergangenheit bereits entschieden worden, dass auch die Entwendung geringwertiger Sachen eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde im Einzelfall rechtfertigen kann. So hat ursprünglich das Bundesarbeitsgericht im sogenannten „Bienenstichfall“ entschieden, dass die Entwendung von Kuchen, welcher für den Abfall bestimmt war, eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen kann. Andererseits hat der sogenannte „Emily-Fall“ aufgezeigt, dass eben nicht in jedem Fall schematisch eine fristlose Kündigung in Betracht gezogen werden kann. Zu dem vorliegenden Fall kam das Arbeitsgericht Hamburg in seiner Entscheidung zu der Auffassung, dass die Abmahnung als milderes Mittel ausreichend gewesen wäre, um das zerstörte Vertrauen wieder herzustellen. Es stellte insbesondere auf die Umstände der Tat und die Betriebszugehörigkeit ab, so dass die Kündigung für unwirksam erklärt wurde (Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 01.07.2015, Az. 27 Ca 87/15). Im Rahmen der Abwägung der gegenseitigen Interessen sei aber eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt. Es hat in jedem Fall eine Einzelfallabwägung stattzufinden, die hier zu Gunsten der Mitarbeiterin ausfiel.

Ähnlich hatte das Arbeitsgericht Hamburg und des Hamburger Landesarbeitsgericht in dem sogenannten „Krabbenbrötchen-Fall“ entschieden. In diesem Fall hatte eine Verkäuferin aus der Frischetheke Krabbensalat entnommen und damit die Hälfte eines von ihr selbst gekauften Brötchens belegt. Die Tochter des Karstadt-Konzerns hat aus diesem Grund die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen. Das Arbeitsgericht Hamburg und das Hamburger Landesarbeitsgericht hatten die Kündigung für unwirksam befunden, da sie unverhältnismäßig gewesen sei.

Dieser Rechtsstreit hat allerdings noch kein Ende. Nach der Entscheidung in der 2. Instanz sollen die Bevollmächtigten von Karstadt Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht eingelegt haben.