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Recht

Zeugnis kann eingeklagt werden! Mitarbeiter müssen es nicht hinnehmen, wenn der Arbeitgeber trotz mehrfacher Aufforderung ein Zeugnis schuldig bleibt. Im Zweifel können Sie ein qualifiziertes Zeugnis vor Gericht einklagen. Darauf verweist Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Heidelberg. Stellt der Arbeit- geber trotz wiederholter freundlicher Erinnerung das Zeugnis nicht aus, rät er, schriftlich eine Frist zu setzen. "Diese sollte zwei bis drei Wochen betragen, damit das Unternehmen Zeit hat zu reagieren." Haben Arbeitnehmer dann kein Zeugnis erhalten, bleibt nur, vor Gericht zu ziehen. (dpa)
Quelle: FP Chemnitz, 20.12.2014

 

www.rechtsanwaelte-bwp.de Diese Website bietet für Rechtssuchende in übersichtlicher Form aufbereitete Informationen zu verschiedenen Rechtsgebieten. Im Raum Chemnitz informiert Rechtsantwalt Ronny Neumann, Fachanwalt für Arbeitsrecht.

 

Das Arbeitszeugnis

Wer aus einem Arbeitsverhältnis scheidet, hat einen gesetzlichen Anspruch auf ein angemessenes und vollständiges
Zeugnis. Oft wird dies von vielen Arbeinehmern nicht ernst genug genommen. Arbeitgeber müssen das Zeugnis positiv formulieren, daher hat sich im Laufe der Zeit eine eigene Sprache entwickelt, der auch negative Aspekte dem zukünftigen Arbeitgeber mitteilen soll. 

Hinweis: Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner bestehenden oder nachwirkenden Fürsorgepflicht bzw. - wie es der BGH ausdrückt (Urteil vom 26. November 1963, VI ZR 221/62) - seiner auch über das Ende des Dienstverhältnisses hinausweisenden "sozialen Mitverantwortung" verpflichtet, das Zeugnis nicht nur der Wahrheit entsprechend, sondern auch mit verständigen Wohlwollen abzufassen.

Es ist sicher lohnenswert, das ausgestellte Arbeitszeugnis genauer unter die Lupe zu nehmen. Viele Arbeitgeber können gut zwischen den Zeilen lesen. Problematisch wird dies, wenn der letzte Arbeitgeber aus Unwissenheit eine für Sie negative Formulierung verwendet. Grundsätzlich gilt, enthält das Zeugnis nachteilige Formulierungen, können Sie auf Nachbesserung bestehen.

 

Welche Form?

Es gibt einfache und qualifizierte Arbeitszeugnisse. Ein einfaches Zeugnis - häufig auch als Arbeitsbescheinigung bezeichnet - wird meist nur bei kurzzeitiger Beschäftigung ausges
tellt und beschränkt sich in der Regel auf Personalien, Art und Dauer der Tätigkeit und das Aufgabengebiet. In allen anderen Fällen sollte unbedingt ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausgestellt werden. Es beschreibt ausführlich Art und Qualität der Tätigkeit, die der scheidende Arbeitnehmer im Unternehmen ausgeführt hat, seine Leistung und gegebenenfalls auch Führungseigenschaften. Alle Angaben sollten dabei "wahr und klar" sein, so verlangt es der Gesetzgeber.

Wann?

Ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis entsteht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer kann das Zeugnis vom Zeitpunkt der Kündigung an verlangen. Sie sollten darauf achten, dass das Datum in ihrem Arbeitszeugnis mit ihrem Abschied vom Unternehmen übereinstimmt. Wegen Verletzung der Zeugnispflicht können dem Arbeitnehmer Schadenersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber entstehen. Grundsätzlich gilt eine Wartefrist von 3 Wochen.

 

Was gehört hinein? - Ein vollständiges Arbeitszeugnis besteht aus:

  • Einem Eingangssatz (Name, Geburtsdaten, Tätigkeitsbezeichnung, Dauer des Arbeitsverhältnisses)
  • eine Positions- und Aufgabenbeschreibung
  • der Leistungs- und Erfolgsbeurteilung
  • der Beurteilung des Sozialverhaltens
  • sowie einem Schlussabsatz (Erklärung der Trennung, Ausdrücke des Dankes oder des Bedauerns, Zukunftswünsche).

Die Positions- und Aufgabenbeschreibung sollte eine Steigerung erkennen lassen. Gemeint ist damit nicht unbedingt ein hierarchischer Aufstieg. Auch die Übernahme neuer und komplexer Aufgaben bedeutet eine Verbesserung. Auf die genaue hierarchische Einordnung kommt es an. Um den persönlichen Erfolg zu belegen, empfiehlt es sich, ein oder zwei Highlights, etwa Projekte, zu bennen. Jedes zweite Zeugnis krankt daran, dass zum Beispiel Führungsverhalten nicht ausreichend gewürdigt wird. Durchsetzungs- und Überzeugungsfähigkeit sind wichtige Schlüsselwörter. Je nach Position, will der Personalchef außerdem wissen, wie der Kontakt zu Kunden und Auftraggebern war.

In ein gutes Zeugnis gehört unbedingt hinein, dass die Arbeitskraft das volle Vertrauen der Geschäftsführung genossen hat. Der Satz "Er erhält ein wohlwollendes Arbeitszeugnis" reicht nicht - es drückt nicht mehr als den gesetzlichen Anspruch aus. Ein schlechtes Zeugnis kann Karrierechancen tzstören. Hoffen Sie nicht darauf, dass potentielle Arbeitgeber negative Hinweise im Zeugnis überlesen. Schon bei der Vorauswahl von Bewerbern sind Zeugnisse ausschlaggebend dafür, ob Sie überhaupt eine Einladung zu einer Vorstellung erhalten.

 

Kompetenz und Verantwortung

Sehr wichtig sind die Beschreibung Ihre Kompetenz und der Ihnen übefrtragene Verantwortungsumfang. Solche Angaben sind zur Klarstellung der Bedeutung einer Porition wichtig, da sich in der Praxis hinter gleichen Tätigkeitsbezeichnungen große Verantwortungsunterschiede verbergen können. Zum Beipiel wird die Bedeutung der Aufgabe eines Leiters der Technischen Ausbildung in einem Großunternehmen klarer, wenn man liest, welchen Rahmen das unter seiner Verantwortung stehende Jahresbudget einnahm.

Der Umfang einer Personal- und Führungsverantwortung kann am besten anhand von Zahlen derer, die ihm unterstellt waren, angeführt werden. Oder ob er zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern berechtigt war. Ist die Mitarbeiterzahl relativ klein, so ist meist vorteilhafter für den Zeugnisinhaber, wenn sie nicht erwähnt wird.

Andere Begriffe zur Kennzeichnung von Kempetenz und Verantwortung sind "Kreditkompetenz" bei Banken, "Regulierungsvollmacht" bei der Schadensregelung in Versicherungen, "Zeichnungsvollmacht" im Zahlungsverkehr, "Kulanzvollmacht" im Kundenverkehr, "Ausbuchungsvollmacht" im Handels- und Lagerbereich oder "Wertberichtigungsbefugnis" bezüglich Forderungen. Oft spricht in diesen Fällen nichts dagegen, den Kopetenzrahmen exakt in Euro anzugeben. Allgemeiner kann die Verantwortung eines Mitarbeiters durch die Worte "selbstständig" oder "eigenverantwortlic" beschrieben werden. Wird diese Verantwortung durch Passagen wie "erledigte weitgehend selbstständig alle Routinearbeiten" eingeschränkt, so wirkt dies meist negativ.

 

Zwischenzeugnis

Jeder Arbeitnehmer sollte bei passender Gelegenheit (Versetzung oder Vorgesetztenwechsel) ein Zwischenzeugnis fordern. Dies enthält oft eine gute Beurteilung, die für das eigentliche Arbeitszeugnis Grundlage sein könnte. Außerdem kann ein aktuelles, positives Zwischenzeugnis einen gewissen Schutz gegen Entlassung darstellen. Wann können Sie ein Zwischenzeugnis verlangen? Die Firma wird verkauft, die Struktur der Firma ändert sich oder Sie werden zum Betriebsrat gewählt.

 

Entwurf

Hat der Aussteller nur geringe Kenntnisse der Zeugnissprache, so sollte der Arbeitnehmer ihm einen, mit fachkundiger Unterstützung erstellten, ausformulierten Entwurf vorlegen. Da die Zeugnisausstellung oft eine ungeliebte Aufgabe ist, wird diese Hilfe meist gern entgegengenommen.

 

Aufklärung

Jeder Arbeitnehmer kann verlangen, dass ihm die Beurteilung seiner Leistung erklärt wird. Ist ihm die Beurteilung im Zeugnis unklar, so sollte er Aufklärung und Begründung fordern.

 

Berichtigung

Ein Arbeitnehmer sollte nicht darauf hoffe, dass Negativpunkte im Zeugnis nicht auffallen. Schon eine kritische Andeutung kann die Bewerbungschancen drastisch senken. Falls erforderlich, muss ein Arbeitnehmer also umgehend eine Berichtigung und Ergänzung seines Zeugnisses fordern. Vielleicht kann er sich auf folgende Punkte stützen: frühere gute Leistungsbeurteilungen, eine übertarifliche Zulage, lobende Gehaltserhöhungsschreiben oder sonstige Dankschreiben.

 

Doppeldeutigkeit

Arbeitnehmer müssen doppeldeutige Bemerkungen ihres Arbeitgebers im Zeugnis nicht hinnehmen. Das geht aus einem Urteil des hessischen Landesarbeitsgerichtes in Frankfurt hervor. Die Richter gaben damit der Klage einer Sekretärin gegen ein Finanzmakler-Unternehmen statt. Im Abschlusszeugnis der Sekretärin stand unter anderem: "Sie verstand es stets, ihre Interessen in der Firma durchzusetzten." Die Arbeitnehmerin sah in dieser Passage den versteckten Vorwurf, sie sei rechthaberisch und wenig kompromissbereit. Vor Gericht erwies es sich, dass der Mitarbeiterin, die wegen Kranklheit ihren Arbeitsplatz verlassen musste, das Zeugnis erst nach einem Prozess vor dem Arbeitsgericht ausgesetllt worden war. Der Gerichtsvorsitzendebetonte, ein Zeugnis müsse "kennzeichnend für das Arbeitsverhältnis" sein. Keineswegs dürften " außerdienstliche Angelegenheiten", wie etwa die Auseinandersetzung vor Gericht, versteckt einfließen.

 

Klage und Schadenersatz

Notfalls bleibt die Klage auf Zeugnisberichtigung. Diese muss umgehend eingereicht werden (am besten von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht), da bei Untätigkeit schon nach wenigen Monaten der Anspruch auf Zeugnisberichtigung verwirkt sein kann. In einzelnen Fällen kann der Arbeitnehmer Anspruch auf Schadenersatz haben, beispielsweise wenn der Arbeitgeber trotz Mahnung schuldhaft kein Zeugnis ausstellt und dem Arbeitnehmer deshalb eine Beschäftigungschance entgeht.

Beratungen zu Arbeitszeugnissen unter www.zeugnisberatung.de oder kostenlos www.arbeitszeugnis-info.de , bei www.jobworld.de. Beachten Sie, dass auch zu bezahlende Dienstleistungen oder Fachbücher angeboten werden. Für Personalchefs kann eine Webseite empfohlen werden, unter www.tipps-fuer-personalleiter.de Vorlagen und Tipps für mehr Rechtssicherheit.

 

Hinweis: Folgende Angaben haben im Zeugnis nichts zu suchen:

  • Abmahnungen
  • Gehalt
  • Alkoholgenuss
  • Schwangerschaft
  • Mutterschutz
  • Gewerkschaftszugehörigkeit oder -tätigkeit
  • Parteizugehörigkeit
  • Angaben zum Privatleben
  • Einmalige negative Vorfälle innerhalb des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht charakteristisch für das gesamte Arbeitsverhältnis waren
  • Gerichtsverfahren über das Arbeitsverhältnis
  • Angaben zu einem laufenden Ermittlungsverfahren
  • Straftaten, außer wenn sie im aktuellen Arbeitsverhältnis stattgefunden haben und rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist, zum Beispiel Diebstahl oder sexuelle Straftaten
  • Krankheiten sowie krankheitsbedingte Fehlzeiten
  • Elternzeit, es sei denn, die Ausfallzeiten waren erheblich

 

Folgender Inhalt darf nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers im Zeugnis stehen und wenn es ausdrücklich gewünscht wird:

  • Betriebsratstätigkeit
  • Tätigkeit als Jugend- und Auszubildendenvertreter
  • Tätigkeit als Vertrauensmann der Schwerbehinderten
  • Kündigungsart oder Kündigungsgründe

 

Recht - Landesarbeitsgericht Köln

Ein vielleicht recht überraschendes Urteil, das die Kölner Richter gefällt haben. Danach dürfen Arbeitgeber im Zeugnis auf eine Freistellung wegen einer Betriebsratstätigkeit hinweisen.

Im Einzelnen: Ein Arbeitnehmer war insgesamt 12 Jahre in einer Firma beschäftigt. Während der letzten fünf Jahre war er zur Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben vollständig von der Arbeit freigestellt. Sodann endete das Arbeitsverhältnis und der Arbeitnehmer erhielt sein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Offensichtlich sehr zu seiner Verwunderung wurde im Zeugnis seine Freistellung erwähnt. Dagegen klagte er und verlangte eine Korrektur des Zeugnisses, da die Erwähnung der Betriebsratstätigkeit für ihn nachteilig sei. 

Das sah das Landgericht Köln anders. Ein qualifiziertes Zeugnis soll die Leistung eines Arbeitnehmers im Hinblick auf seine arbeitsvertraglichen Pflichten möglichst vollständig und klar darstellen. Verschweigt der Arbeitgeber einen erheblichen Freistellungszeitraum, führt dies zu einem verfälschten Eindruck. (Urteil vom 06.12.2012, Az.: 7 Sa 583/12). 

Und: Die Erwähnung der Betriebsratstätigkeit an sich stellt keinen Nachteil dar, weil ein verständiger Arbeitgeber hieraus nicht automatisch negative Schlussfolgerungen ziehen würde.
Fazit: Längere Freistellungszeiten wegen einer Betriebsratstätigkeit müssen im Arbeitszeugnis aufgeführt werden.
Quelle: BWR med!a, Arno Schrader, Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Stand 18.09.2015